1925 – 1950

Musikverein 1925 bis 1950

Das glanzvoll gestaltete Vereinsjubiläum „25 Jahre Musikverein 1900“ trägt mit dazu bei, daß es mit dem Verein weiter aufwärts geht. Die Mitgliederzahl steigt, musikalisch ist man sehr gefragt.

Im Jahre 1926 weist eine Pressenotiz darauf hin, daß im Sommer künftig alle 14 Tage sonntags nach dem Hochamt Promenadenkonzerte stattfinden sollen. In deren Gestaltung wechseln sich Musikverein und Feuerwehrkapelle ab.

An dieser Stelle der Hinweis, daß der Kapelle heute noch die Protokollbücher ab 1926 vorliegen. Das allgemeine Vereinsleben und auch die abgewickelten Aktivitäten werden hierin weitgehend dokumentiert. So ist u.a. nachlesbar, daß jährlich vier Mitgliederversammlungen durchgeführt wurden. Der Vorstand muß wohl in dieser Zeit Schwerstarbeit geleistet haben, denn im Protokoll vom 24.09.1927 wird berichtet, daß im vorhergehenden Quartal außerdem 7 Vorstandssitzungen stattfanden. Was war da wohl alles zu besprechen?

Im Jahre 1927 wird die bestehende Vereinssatzung erneuert. In ihr wird erstmals festgelegt, was mit dem Vereinsvermögen bei einer evtl. Vereinsauflösung geschehen soll. Im § 20 heißt es: „Bei einer Auflösung fällt das gesamte Vermögen der Ortsarmenverwaltung zu.“

Zur Höhe des Mitgliedsbeitrages wird festgelegt, daß „jedes Mitglied fortan 3% seines Verdienstes als Beitrag an die Vereinskasse abzuführen hat.“ Zieht man einen Vergleich mit den heutigen Verhältnissen, dann wären bei einem monatlichen Einkommen von 3.000 DM nunmehr 90 DM Beitrag zu zahlen.

Zwei Protokolleintragungen aus 1928 sind erwähnenswert. Zum einen ist von einem Mitgliederbestand von 36 Musikern die Rede. Dies ist zu entnehmen aus folgender Notiz. „Bei der 2. Quartalsversammlung waren 18 Mitglieder anwesend. Es fehlten somit 100%“. Zum anderen wird Disziplin gefordert mit der Festlegung: „Es wurden Mützen angeschafft. Wer sich weigert, diese zu tragen, darf nicht mehr Mitglied sein.“

Am 31. August 1930 wird das 30-jährige Stiftungsfest gefeiert. Bei einem Konzert am 29. November kann die Kasse wieder aufgefüllt werden; der Eintritt beträgt  0,80 Rmk incl. Steuer.

1930 übergibt Peter Dammer das Dirigat an Richard „Schaak“ Herzog, ebenfalls ehemaliger Militärmusiker. In der Folgezeit wechseln mehrmals die Dirigenten. Auf Herzog folgen Hermann Kohl und Viktor Hormes; im Jahre 1935 dann erneut der überaus verdienstvolle Peter Dammer.

In diese Zeit fällt auch die erste Bekanntschaft mit „Marschkönig“ Hermann Ludwig Blankenburg, so genannt, weil er über 1100 Märsche komponierte. 1931 führt dieser bei einem „Blankenburg-Konzert“ den Taktstock und dirigiert einen seiner Märsche als Uraufführung. Im Jahre 1934 gibt es abermals ein Konzert unter seiner Leitung. Blankenburg wird bei dieser Gelegenheit zum Ehrendirigenten des Musikvereins 1900 ernannt.

Im Jahre 1934 wird erneut eine Vereinigung von Musikverein und Feuerwehrkapelle angestrebt, denn unter Tagesordnungspunkt III des Protokolls vom 07.07.1934 ist zu lesen: „Es wurden die Beratungen, die zwischen dem Vorstand der Feuerwehrkapelle und dem Vorstand des Musikvereins stattgefunden hatten, besprochen. Die einzelnen Punkte wurden nach einigen Verbesserungen zwar angenommen, jedoch wurde die letzte Verschmelzung der beiden Vereine abgelehnt.“

Bis 1940 sind die Aktivitäten im Musikverein ungebrochen, was z.B. aus den Sommerkonzerten in den Anlagen von Engelbert Stickelbrock und den gut besuchten Bällen am Ostermontag und an den Kirmestagen hervorgeht.

Das regelmäßige Proben muß dann im Februar 1940 jedoch aufgegeben werden und findet nur dann statt, „wenn die Anwesenheit genügender Mitglieder dies erlaubt.“ Der Verein bekommt die Auswirkungen des 2. Weltkrieges dann mehr und mehr zu spüren. Einberufungen, Verpflichtungen und die späteren Bombennächte erlauben kaum ein Vereinsleben. Aus der Zeit während des 2. Weltkrieg existiert noch ein Foto mit einer gemischten Gruppe aus Angehörigen von Feuerwehr, Feuerwehrkapelle und Musikverein. Alle hier abgebildeten Musiker finden sich auf späteren Bildern in den Reihen des Musikvereins bzw. der Kreisfeuerwehrkapelle wieder.

Die Einwohner Kaldenkirchens werden im Herbst 1944 evakuiert. Haus und Hof bleiben verlassen zurück. Der 2. Weltkrieg geht mit der bedingungslosen Kapitulation zu Ende. Die Bürger kehren in ihre Heimatstadt zurück.

Bei einem ersten Appell im Herbst 1945 fehlen viele liebe Musikkameraden. Nur wenige Musikinstrumente werden von den Heimkehrern aus Evakuierung und Krieg wiedergefunden. Um wieder musizieren zu können wird repariert und ausgeliehen. Im Tauschhandel, unterstützt auch durch die Währungsreform und weiteren Helfern aus der Bürgerschaft, werden weitere Instrumente erstanden.

Anläßlich des St. Martinszuges im Jahre 1945 ergibt sich dann die Gelegenheit für den ersten öffentlichen Auftritt nach Kriegsende.

An dieser Stelle der Hinweis, daß der St-Martinszug nicht nur für die Kindergärten, Schulen und Bürgerschaft, sondern auch für das Vereinsleben von großer Bedeutung ist. Es kam hier nicht nur mehrmals zu einem neuen musikalischen Einstieg nach einer Zwangspause, sondern es wird nach alter Tradition auch dem Nachwuchs Gelegenheit zu einem erstmalig öffentlichen Auftritt gegeben. Nicht zu verkennen ist hier die Verbindung zwischen der Bürgerschaft und seinem Musikverein.

Im Januar 1946 findet die erste Jahreshauptversammlung nach dem Krieg statt. Das Protokoll hierüber wird wegen seiner großen Bedeutung nachstehend wörtlich wiedergeben:

Protokoll der Jahreshauptversammlung am 19.01.1946

Tagesordnung:
I.          Kassenbericht
II.        Vorstandswahl
III.         Verschiedenes

Zu Punkt I beschloß die Generalversammlung, von einem Bericht über Einnahmen und Ausgabe, weil der Verein erst kurze Zeit tätig war, Abstand zu nehmen. Der Kassenbestand betrug am 31.12.46 (Anm.: es muß wohl heißen: 31.12.45) RMk 40,00.

Zu Punkt II wurde beschlossen, von einer Neuwahl des Vorstandes in diesem Jahr Abstand zu nehmen, jedoch mit der Änderung, das daß Mitglied Wilh. Kessels sein Vorstands-Mandat dem aus Kriegsgefangenschaft zurück gekehrten alten Vorstandsmitglied Jakob Jansen wieder abzutreten.

Zu Punkt III Verschiedenes wurde angeregt für die gefallenen und verstorbenen Mitglieder ein Hochamt feiern zu lassen Dieser Vorschlag fand einstimmige Annahme. Weiter wurden 2 Mitglieder und zwar Schommers (Anm.: hier muß es Schummersheißen.) und Stiels einstimmig neu in den Verein aufgenommen.

Weiter beschloß die Versammlung, dem Herrn Peter Dammer den Dirigentenposten wieder anzutragen. Bei der Lokalwahl wurde das alte Vereinslokal Jak. Terlinden für das Jahr 1946 einstimmig wiedergewählt. Gegen 21,30 schloß der Vorsitzender Peter Ulen die Versammlung.

                       Der Vorsitzende:                                                                   der Schriftführer:

                        gez: Peter Ulen                                                                    gez: Peter Janßen

Es ist wieder einmal Peter Dammer, der einspringt, weil Not am Mann ist. Sein Dirigat ist aber nur von kurzer Dauer, denn im Protokoll der Jahreshauptversammlung 1947 wird bereits vom Dirigenten Toni Schmitz berichtet, der auch im gleichen Jahr das erste Nachkriegskonzert dirigiert. 1948 zählt der Verein 26 Mitglieder, die sich trotz allgemeiner Knappheit bzw. Armut ihrer Musik widmen. Insbesondere die Kameradschaft und das gemeinsam Erlebte fügt die Musiker und damit den Verein wieder zusammen.

Wie aus einem Beschluß der Jahreshauptversammlung hervorgeht, soll wieder ein Familienabend abgehalten werden. 14 Mitglieder erklären sich bereit, hierfür ein Kaninchen zu mästen und zu stiften. Die im Verein herrschende Kameradschaft wird hierdurch mehr als deutlich.

Während der Musikverein nach dem Krieg wieder voll Fuß gefaßt hatt, tritt die Feuerwehrkapelle nicht mehr in Erscheinung. Lediglich auf der Jahreshauptversammlung 1949 taucht noch einmal der Begriff Feuerwehrkapelle auf, als von einem Mitglied des Musikvereins vorgeschlagen wird, die noch vorhandenen Noten der Feuerwehrkapelle in Gebrauch zu nehmen.

Eine Verpflichtung im Jahre 1949 bedarf besonderer Erwähnung, da diese vermutlich für die spätere Entwicklung des Vereins nicht unbedeutend ist. Der Musikverein wird zum Aufspiel beim Feuerwehrfest in Willich verpflichtet. Man beabsichtigt, mangels Uniform, einheitlich in dunkler Kleidung aufzutreten. Die Verantwortlichen sind jedoch der Meinung, daß zu einem Feuerwehrfest auch eine Feuerwehrkapelle gehört und so werden die Musiker ohne große Umschweife in geliehene Feuerwehruniformen gesteckt. Die hierbei erbrachte Leistung fand allgemeine Anerkennung und man spricht hierüber noch in den Folgejahren; auch im Jahre 1952, als der Musikverein zur Kreisfeuerwehrkapelle ernannt wird.

Die vorangegangenen Ausführungen beinhalten berechtigt das Wirken der im Musikverein tätigen Dirigenten. Ein Klangkörper wird eben von ihrem musikalischen Können stark beeinflußt und geprägt. Ebenso wichtig ist aber auch die Arbeit eines Vorstandes, speziell vor allem die des Vorsitzenden.

Ab 1927 liegen Aufzeichnungen über tätige Vorstandsmitglieder, d.h. auch über die Vereinsvorsitzenden vor. Von 1927 bis 1934 leitet Peter Achten die Vereinsgeschicke, ab 1934 übernimmt Heinrich Rütten diese Aufgabe. 1940 findet der Verein in Jakob Jansen einen neuen Vorsitzenden, der kriegsbedingt jedoch nur kurze Zeit tätig sein kann.

Einer der ersten Heimkehrer nach dem Krieg ist Peter Ulen. Er ruft die Daheimgebliebenen oder ebenfalls Heimgekehrten zusammen. 1946 wird er zum ersten Nachkriegs-Vorsitzenden gewählt. Zwei Jahre später gibt er dieses Amt an seinen Bruder Willi Ulen ab, der dann insgesamt 18 Jahre den Verein führt.

Zum kulturellen Großereignis wird das 50-jährige Bestehen des Musikvereins 1900. Die Jubiläumsveranstaltung fällt in eine Zeit, in der das Fernsehen noch keine so große Bedeutung hat wie heute, in der Tanzveranstaltungen nur sporadisch stattfinden und in der sich die Bevölkerung noch wirklich auf eine Abwechslung im Alltag freut. Drei Tage kann dieses Fest gefeiert werden. Beim Festbankett am Samstagabend wird wieder einmal Ehrendirigent und Marschkönig Hermann Ludwig Blankenburg begrüßt, der es sich trotz seines hohen Alters natürlich nicht nehmen läßt, den Taktstock zu ergreifen. Zu einem der Höhepunkte des Abends wird die Uraufführung des Marsches „Hoch Kaldenkirchen“ von Joe Alex (siehe Sonderbericht zur Person!).

Der Sonntag beginnt mit einem Festgottesdienst, ein Frühschoppen schließt sich an. Am Nachmittag folgt ein weiterer Höhepunkt. 34 örtliche und auswärtige Vereine beteiligen sich am großen Festzug durch die Straßen Kaldenkirchens. Auch 3 Musikkapellen aus den benachbarten Niederlanden nehmen teil. Die auswärtigen Vereine werden auf dem Kirchplatz begrüßt. Am Abend finden in den Sälen Eicker, Inderhees und van Ophoven Freundschaftskonzerte statt, an denen sich 13 Musik- und Gesangvereine beteiligen. Am Montag treffen sich die Musiker des Vereins noch einmal zu einem abschließende Kameradschaftsabend.

Nicht unerwähnt bleiben darf, daß noch drei der Mitgründer, nämlich Peter Dammer und Gerhard Dammer sowie Wilhelm Krantzen anwesend sind und die Kameraden Wilhelm Terstappen, Lambert Verkoyen und Peter Jansen für 50-jährige Mitgliedschaft geehrt werden. 25 oder 40 Jahre dabei sind Heinrich Jansen, Wilhelm Schmitz, Peter und Willi Uhlen, Johann Teeuwen, Servatius Geraedts, Wilhelm Kessels, Heinrich Hahnen, Franz Inderhees, Heinrich Vaahsen, sowie Heinrich und Franz Rütten.